Teil 1 von 4: Der umfassende Leitfaden zur erfolgreichen App-Entwicklung

Die Entwicklung einer App ist ein vielschichtiger Prozess, der weit über die reine Programmierung hinausgeht. Dieser 4-teilige Leitfaden deckt alle Schritte von der ersten Idee bis hin zur Markteinführung und Wartung ab, einschließlich detaillierter Informationen zum Lasten- und Pflichtenheft, die für den Erfolg eines Projekts unerlässlich sind.

1. Erste Überlegungen als Grundlage für eine erfolgreiche App

1.1. Idee und Validierung

Jede erfolgreiche App beginnt mit einer Idee. Bevor Sie jedoch in die Entwicklung investieren, sollten Sie die Idee gründlich prüfen:

  • Marktanalyse: Untersuchen Sie, welche Lösungen bereits am Markt verfügbar sind und wie Ihre Idee diese übertreffen kann. Berücksichtigen Sie dabei sowohl direkte Konkurrenten als auch alternative Lösungen, die möglicherweise indirekt mit Ihrer App konkurrieren könnten. Diese Analyse gibt Ihnen Einblicke in Marktbedürfnisse und -lücken, die Ihre App möglicherweise schließen kann.
  • Feedback einholen: Sprechen Sie mit Freunden und potenziellen Nutzern, um die Idee zu validieren und zu verfeinern. Testen Sie das Konzept frühzeitig durch Umfragen, Fokusgruppen oder sogar einfache Prototypen. So können Sie frühzeitig auf Bedenken oder Verbesserungsvorschläge reagieren.
  • Wirtschaftlichkeitsbetrachtung: Machen Sie eine erste grobe Kostenanalyse, die nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Folgekosten für Servermieten, Web-Dienste und die monatlichen Kosten, abhängig von der App und der Anzahl der Nutzer, berücksichtigt. Denken Sie auch an die Monetarisierungsstrategie: Wie und wann soll die App Gewinn erzielen? Sind In-App-Käufe, Abonnements oder Werbung geplant?

1.2. Finanzielle Überlegungen

Die Kosten für eine App sind nicht nur auf die Entwicklung beschränkt. Hier einige wichtige Punkte:

  • Monatliche Kosten: Diese können je nach App und Nutzeranzahl variieren, aber viele Webdienste sind weitgehend kostenfrei nutzbar. Dennoch sollten Sie mögliche Skalierungskosten berücksichtigen, wenn die Nutzerbasis wächst. Untersuchen Sie auch, ob es sinnvoll ist, auf kostenpflichtige Premium-Dienste umzusteigen, um eine bessere Leistung oder zusätzliche Funktionen zu bieten.
  • Apple-Entwickleraccount: Apple verlangt zurzeit 99 USD pro Jahr für einen Entwickleraccount. Dies ist nur einer der fixen Kostenpunkte, die Sie berücksichtigen müssen. Denken Sie auch an die jährlichen Kosten für die Verlängerung von Zertifikaten und Lizenzen, die notwendig sind, um die App in den Stores zu halten.
  • Langfristige Kosten: Planen Sie auch die Folgekosten wie Servermiete und Web-Dienste, die monatlich anfallen können. Dazu gehören auch die Kosten für regelmäßige Sicherheitsupdates, Fehlerbehebungen und mögliche Erweiterungen der App-Funktionen basierend auf Nutzerfeedback.

2. Planung: Vom Konzept zum detaillierten Plan

2.1. Lastenheft

Das Lastenheft ist ein zentrales Dokument in der Projektplanung. Es beschreibt das Ziel des Projekts aus der Sicht des Auftraggebers und legt die Rahmenbedingungen fest:

  • Vision des Produktes: Der Product Owner, der die Vision des Produktes trägt, erstellt das Lastenheft. Dieses besteht aus den sogenannten Business Cases, also den einzelnen Anforderungen. Die Vision sollte klar und inspirierend formuliert sein, um das Entwicklungsteam zu motivieren und auf die Ziele des Projekts auszurichten.
  • Inhalt: Es sollte zunächst eine abstrakte Beschreibung des Projektergebnisses enthalten, um neuen Lesern schnell zu vermitteln, worum es geht. Danach folgen detaillierte Anforderungen. Diese Anforderungen sollten priorisiert werden, um dem Team eine klare Richtung für die Entwicklung zu geben. Denken Sie auch daran, Anwendungsfälle und Benutzerpersönlichkeiten (Personas) zu definieren, um die Entwicklung auf die Bedürfnisse der Zielgruppe auszurichten.
  • Best Practices: Ein gutes Lastenheft enthält klare Informationen zu folgenden Punkten:
    • Wer ist der Product Owner?
    • Wer besitzt das Produkt mit allen Rechten und Pflichten?
    • Welches Projektmanagement-Tool wird eingesetzt?
    • Welche Projektsprache wird verwendet?
    • Ziel-Plattformen: Soll die App für iOS, Android oder beide Plattformen entwickelt werden? Berücksichtigen Sie auch, ob die App für Smartphones, Tablets oder beides optimiert werden soll. Überlegen Sie zudem, ob die App auf Wearables oder anderen smarten Geräten verfügbar sein soll.
    • Mehrsprachigkeit: Wird die App einsprachig oder mehrsprachig sein? Falls mehrsprachig, überlegen Sie, welche Sprachen von Anfang an unterstützt werden sollen und wie die Übersetzungen in den Entwicklungsprozess integriert werden.
    • Dokumentation: Der Entwickler sollte den Code umfassend dokumentieren, damit sich zukünftige Entwickler leichter einarbeiten können. Stellen Sie sicher, dass die Dokumentation auch für Nicht-Techniker verständlich ist, insbesondere für das Management, das möglicherweise die Entwicklung überwachen muss.
    • MockUp: Ein MockUp oder ClickDummy ist sinnvoll, um dem Auftraggeber frühzeitig ein Gefühl für die Entwicklung zu geben. Diese visuellen Hilfsmittel können auch dazu verwendet werden, frühes Feedback von Testnutzern einzuholen.

2.2. Pflichtenheft

Das Pflichtenheft wird auf Grundlage des Lastenhefts vom Entwickler erstellt und konkretisiert die technischen Anforderungen:

  • Verständnis des Lastenhefts: Das Pflichtenheft beschreibt, was der Entwickler aus dem Lastenheft verstanden hat, und sollte auch über die reinen Anforderungen hinaus technische Details wie Architekturdiagramme und Flowcharts enthalten. Diese detaillierten Diagramme helfen dabei, den Programmablauf zu visualisieren und sicherzustellen, dass alle Teile der App nahtlos zusammenarbeiten.
  • Dienste und monatliche Aufwände: Das Pflichtenheft sollte eine Liste der verwendeten Dienste enthalten, einschließlich der zu erwartenden monatlichen Kosten und einer Erklärung der Aufgaben dieser Dienste im konkreten Anwendungsfall, z. B.:
    • Resend.com: E-Mail-Service für Passwort-Resets und Bestätigungen.
    • Firebase.com: Benachrichtigungen, die nicht über das Betriebssystem versendet werden können.
    • Supabase.com: User-Login und Authentifizierung.
    • Vercel.com: Anbieter für das Admin-Panel zur Verwaltung von Content und Inhalten.
    • ReactNative und Expo for React Native: Entwicklungsumgebung für iOS und Android.
    • Figma.com: Tool für die Entwicklung der UI/UX.
    • Cloudflare.com: Web-Infrastrukturdienst für Sicherheit und Geschwindigkeit.
    • Stripe.com: Bezahldienst.
    • GitLab oder GitHub: Quellcodeverwaltung, wobei darauf zu achten ist, dass die Zugänge gut verwahrt werden. Stellen Sie sicher, dass Backup-Strategien und Wiederherstellungspläne im Pflichtenheft klar definiert sind.
  • Qualitätssicherung: Das Pflichtenheft sollte auch klare Anforderungen an die Qualitätssicherung und den Testprozess enthalten. Dies umfasst nicht nur automatisierte Tests, sondern auch manuelle Tests und Benutzerakzeptanztests (UAT), um sicherzustellen, dass das Endprodukt den Erwartungen der Nutzer entspricht.
  • Freigabe des Pflichtenheftes: Das Pflichtenheft muss unbedingt vom Auftraggeber bzw. Product Owner geprüft und formell freigegeben werden. Nur so ist sichergestellt, dass am Ende auch das herauskommt, was sich der Auftraggeber vorgestellt hat. Aufgrund des Zeitdrucks wird an dieser Stelle gerne abgekürzt. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass aufgrund von Missverständnissen die Zeit im Nachhinein doppelt und dreifach benötigt wird. Daher hier die klare Empfehlung, diesen Schritt nicht abzukürzen, sondern sich die Zeit zu nehmen, die es eben braucht.

Dies war der erste von vier Teilen unseres Leitfadens zur Entwicklung von Apps. Natürlich freuen wir uns über Feedback, denn auch wir lernen gerne dazu. In Teil 2 werden wir uns mit der User Experience und dem Geschäftsmodell beschäftigen.

Über den Autor

Jörg Strothmann Als CTO mit über 30 Jahren Berufserfahrung in der Hard- und Softwareentwicklung an verteilten Standorten (Europa und Indien) habe ich viele Erfahrungen gesammelt. Diese möchte ich gerne weitergeben.

Jörg Strothmann